Störungen bei PayPal und die Suche nach europäischen Alternativen
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PayPal ist im E-Commerce der meistgenutzte Zahlungsdienstleister. Dies liegt zum einen an der einfachen Handhabung und zum anderen an den Sicherheitsvorkehrungen. So hat sich PayPal das Vertrauen der Verbraucher:innen erarbeitet. Auch wenn es über die Jahre immer wieder kleinere Probleme gab, vor allem durch Phishing- und Maleware-Angriffe auf die Nutzer:innen, galt PayPal doch als zuverlässig und sicher. Dies könnte sich nun ändern. Wir werfen einen Blick auf die aktuellen Vorfälle und alternative, europäische Lösungen.
Ein kurzer Rückblick
Eins vorab: Einen klassischen Hack der PayPal-Systeme gab es laut Medienberichten bislang nicht. Den bekannten Betrugsversuchen gingen in der Regel Datendiebstähle durch Phishing oder Maleware bei den Nutzer:innen voraus.
Der relevanteste Vorfall ereignete sich im Dezember 2022. Damals wurden rund 35.000 Konten im Rahmen einer sogenannten Credential Stuffing-Attacke kompromittiert und Daten entwendet. Angreifer nutzen zuvor von Nutzer:innen gestohlene Login-Daten, um sich Zugriff auf Konten zu verschaffen. PayPal hatte die betroffenen Personen informiert und die Passwörter zurückgesetzt. Allerdings wurde der Vorfall offiziell erst gut zwei Wochen später entdeckt und an die Staatsanwaltschaft weitergegeben.
Zugangsdaten im Darknet
Mitte August 2025 behaupteten Hacker, rund 16 Millionen PayPal-Zugangsdaten (E-Mail-Adressen und Passwörter, teils im Klartext) gestohlen und im Darknet zum Verkauf angeboten zu haben. Experten bewerteten die Ursache nicht als direkten Hack bei PayPal, sondern als Folge von Malware-Angriffen im Mai 2025 auf die Nutzergeräte, welche gespeicherte Logins ausspähten (sogenannte Info-Stealer). Unklar ist jedoch, ob diese Daten tatsächlich echt sind. Nutzer:innen sollten dennoch Passwörter ändern und diese allgemein diversifizieren sowie die Zwei-Faktor-Authentifizierung aktivieren. Des Weiteren sollten sie sowohl ihren Account als auch die angebundenen Konten bzw. Kreditkarten im Blick behalten.
Ausfall von Sicherungssystemen
Am 23. und 24. August gab es die bisher gravierendste Störung, welche durch den Ausfall interner Betrugsfiltersysteme hervorgerufen wurde. Dies führte dazu, dass auffällig viele betrügerische Lastschriften ungefiltert durchgereicht wurden. Deutsche Banken stoppten daraufhin Transaktionen im Wert von rund 10 Milliarden Euro. Obwohl PayPal den Fehler schnell behoben hat und eine Entschädigung verspricht, hat der Vorfall das Vertrauen in den Zahlungsdienstleister erschüttert und löste eine Diskussion über europäische Alternativen aus.
Parallel zu den technischen Störungen meldeten Nutzer:innen zahlreiche Beschwerden: verspätete Abbuchungen, Minusanzeigen im PayPal-Konto und fehlende Kommunikation. Phishing-Attacken und betrügerische Anrufe nahmen ebenfalls zu, da Kriminelle die Unsicherheit rund um den Ausfall gezielt ausnutzen wollten. Sie gaben sich telefonisch als PayPal-Mitarbeiter aus oder verschickten gefälschte E-Mails mit angeblichen Konto-Updates. Die Verbraucherzentrale warnt eindringlich vor solchen Betrugsversuchen und gibt Tipps zur Erkennung von Phishing-Nachrichten.
Die Frustration führte auch auf Seiten von Geschäftskund:innen zu lautstarken Beschwerden. Otto stellte PayPal-Zahlungen vorübergehend ein. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) warnt vor möglichen Risiken bei Zahlungsdienstleistern und fordert Transparenz bei Sicherheitsmaßnahmen. Der Vorfall unterstreicht die Bedeutung robuster Infrastrukturen, proaktiver Sicherheitsmaßnahmen sowie eines transparenten Krisenmanagements – sowohl seitens des Unternehmens als auch für die Nutzer (z. B. durch Passwort-Hygiene, Multi-Faktor-Authentifizierung (MFA), Aufklärung).
Wero als europäische Antwort
Der aktuelle Vorfall befeuerte politische Forderungen nach einer europäischen Zahlungsinfrastruktur. Abgeordnete im EU-Parlament betonten die Notwendigkeit, sich von US-Diensten unabhängiger zu machen, und hoben das europäische Projekt Wero als erste ernsthafte Alternative hervor. Der Dienst ermöglicht ähnlich wie PayPal Echtzeit-Zahlungen und funktioniert über E-Mail-Adresse oder Handynummer, ist aber eine europäische Entwicklung und nach EU-Richtlinien reguliert. Wero soll Verbraucher:innen langfristig mehr Sicherheit und Souveränität bieten.
Das System basiert auf der European Payments Initiative (EPI) und wurde im Sommer 2024 gestartet. Der EPI gehören inzwischen mehr als 30 Banken in Europa an und weitere wollen folgen. Zuletzt ist auch Revolut der Initiative beigetreten.
Seit 2025 können Onlinezahlungen getätigt werden, aber bisher nur für private Transaktionen zwischen den teilnehmenden Banken. Wero hat jedoch den Anspruch, sich als zentrale Zahlungslösung für Europa zu etablieren. Für das zweite Halbjahr 2025 ist geplant, die Funktionen auf E-Commerce-Zahlungen auszuweiten. Ab 2026 sollen Zahlungen im stationären Handel möglich sein sowie die Verwaltung wiederkehrender Zahlungen und Treueprogramme integriert werden.
Der Zahlungsdienst will Transaktionen für Händler:innen vereinfachen, indem er sofortige Banküberweisungen mit einem sicheren, zustimmungsbasierten Modell kombiniert. Als Basis dient die SEPA-Sofortüberweisung (SEPA Instant Credit Transfer, kurz SCT Inst), womit Kund:innen in Echtzeit durch ausdrückliche Zustimmung direkt von ihrem Bankkonto bezahlen können – für nahtlose Zahlungen über alle Kanäle.
Der Start verlief zwar etwas holprig, doch durch vielfältige Marketingaktionen über TV-Spots, Social-Media-Kampagnen und Plakate nimmt die Bekanntheit zu. Experten sehen langfristig großes Potenzial – insbesondere durch niedrige Kosten, hohe Sicherheit, Nutzung vorhandener SEPA‑Infrastruktur und mögliche Integration in den digitalen Euro.
Welche Alternativen stehen aktuell zur Verfügung
Es gibt eine Reihe bekannter europäischer Zahlungsdienste für den Online-Handel. Dazu gehören bereits etablierte Optionen wie paydirekt und giropay sowie Klarna im Buy-Now-Pay-Later-Bereich aber auch Adyen, Mollie und Fintech-Anbieter Revolut. Dazu kommen nationale Anbieter wie Twint in der Schweiz oder Lydia in Frankreich. Als Nischenprodukt, vor allem für Onlinecasinos, hat sich die digitale Wallet Skrill etabliert, wo Zahlungen auf PrePaid-Basis abgewickelt werden. Eine vollständig vergleichbare Lösung zu PayPal im europäischen Maßstab bieten diese allesamt (noch) nicht.
Fazit
Stand heute steht PayPal an der Spitze – und wird es bleiben, solange es keine gleichwertigen europäischen Lösungen gibt. Der Mythos hat jedoch Risse bekommen und Wero hat großes Potenzial, um sich als Alternative zu etablieren und Marktanteile zu erobern. Dafür muss die Ausweitung auf den Online-Handel schnell vorangetrieben werden. Das Interesse der europäischen Verbraucher:innen an Alternativen zu PayPal ist vorhanden und jetzt ist die richtige Zeit, es zu bedienen.