Showrooming – Im Fachgeschäft beraten und online gekauft
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Rund ein Drittel der Deutschen lässt sich im Fachgeschäft beraten, um dann online zu kaufen. Für dieses Phänomen wurde im englischen der Begriff Showrooming geprägt. Obwohl gut die Hälfte der Befragten dieses Verhalten ablehnt, greifen viele Konsument:innen gerne auf die Expertise vor Ort zurück und kaufen dann online oft günstigere Angebote. Dieses Verhalten wird zunehmend zum Diskussionsthema im stationären Einzelhandel – und zugleich zur Chance für Online-Händler:innen.
Auswirkungen auf Ladengeschäfte
Der Wunsch, Produkte vor dem Kauf physisch zu erleben, ist auch gut zwei Jahrzehnte nach dem Aufkommen des Online-Handels für viele Menschen sehr wichtig und maßgeblich für die Kaufentscheidung. Jedoch führen Beratungen vor Ort nicht zwangsläufig zum direkten Kauf. Für Händler:innen mit Ladengeschäft ist der „Beratungsklau“ durch Showrooming ein spürbares Problem geworden. Vermehrt lassen sich Kund:innen vor Ort fachkundig beraten und machen sogar Fotos von Produkten, um anschließend gezielt im Internet danach zu suchen, Preise zu vergleichen und letztlich auch online zu erwerben. Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des HDE, betont, dass die Investitionen in Ladenmiete und qualifiziertes Personal verloren gehen, wenn Beratung nur abgegriffen und dann anderswo gekauft wird. Gleichzeitig weist er darauf hin, dass Kund:innen heute selbst entscheiden, wo sie sich informieren und wo sie kaufen. In einer freien Marktwirtschaft siegt am Ende stets das beste Gesamtangebot aus Preis, Service und Komfort.
Wie reagiert der stationäre Handel?
Als Antwort auf das Showrooming führen immer mehr Fachgeschäfte kostenpflichtige Beratungstermine ein. Kund:innen buchen im Vorfeld 30 bis 45 Minuten mit geschultem Personal und erhalten einen Gutschein in Höhe des gezahlten Honorars, wenn Sie den Artikel vor Ort kaufen. Dieses Modell schafft eine klare Verbindlichkeit. Verkäufer:innen können davon ausgehen, dass echte Kaufabsichten bestehen, während Konsument:innen hochwertige, individuelle Beratung erfahren.
Bei höherpreisigen Produktgruppen wie Sportgeräten, Küchenmaschinen oder Laufschuhen ist dieses Konzept relativ einfach umsetzbar. Das professionelle Auftreten des Personals und die fundierte Marktkenntnis erhöhen zudem die Akzeptanz der Gebühr.
Schwieriger lässt sich das Modell bei Büchern, Schmuck, Mode oder preiswerten Waren realisieren. Hier bietet sich der Omnichannel-Ansatz an, wobei Offline- und Online-Angebote nahtlos verzahnt werden. Händler:innen, die zugleich eine E-Commerce-Plattform betreiben, können nicht vorrätige Varianten direkt online nachbestellen und per Click & Collect ausliefern. So bleibt die Bindung zum eigenen Angebot bestehen und das Geschäft auch nach dem Ladenbesuch wettbewerbsfähig.
Welche Möglichkeiten ergeben sich für den Online-Handel
Online-Händler:innen können das Verhalten „Beratung im Laden, online kaufen“ aktiv für sich nutzen, indem sie Showrooming als Marketing- und Vertriebskanal begreifen. Als Strategien bieten sich z.B. Partnerschaften mit stationären Geschäften, digitale Beratungstools oder gezieltes Content-Marketing an.
Auch können Online-Händler:innen Showrooming für sich nutzen, indem sie digitale Beratungsangebote etablieren. Live-Chat und Video-Consulting simulieren das Verkaufsgespräch vor Ort, während Augmented-Reality-Tools Möbel virtuell ins Heim bringen oder Modeshops Avatar-Anproben anbieten. Interaktive Kaufberater, ausführliche Fachartikel und Video-Tutorials decken typische Fragen ab, die sonst im Laden geklärt würden. So lässt sich auch der umgekehrte Fall vermeiden, in dem Kund:innen sich online informieren und dann stationär kaufen.
Eine SEO-Strategie auf Long-Tail-Keywords wie z.B. „Vor- und Nachteile von Espresso-Vollautomaten“ oder „Welcher Laufschuh passt zu Überpronation?“ zieht gezielt Interessent:innen an und wandelt Offline-Showroom-Besuche in Online-Umsätze um.
Fazit
Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Balance zwischen persönlicher Expertise und digitaler Effizienz. Stationäre Händler:innen festigen ihre Kundenbindung durch kostenpflichtige Beratungstermine und Omnichannel-Bestellmöglichkeiten. Online-Händler:innen können digitale Showrooms als Service nutzen, um Beratungskosten einzusparen und zugleich detaillierte Nutzungsdaten zu gewinnen. Entscheidend ist nicht allein der Preis, sondern die Kombination aus Fachkunde, Komfort und nahtlosem Einkaufserlebnis. So kann Showrooming vom Dorn für den stationären Handel zum profitablen Lead-Generator für den digitalen Vertrieb werden.