E-Commerce

Retourenquote senken: Infos und Tipps zur Vermeidung von Rücksendungen

Isabelle Broszat

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Wer im E-Commerce seriös arbeiten und einen sauberen Überblick über alle Einnahmen und Ausgaben bewahren möchte, muss seine Retourenquote einpreisen. Darum kommst Du als Onlinehändler:in nicht herum. Das kostenfreie Zurückschicken der Waren bei Fernabsatzgeschäften (also auch solchen im Internet) ist in den Verbraucherrechten verankert. Und es kann Onlinehändler:innen durchaus vor Probleme stellen, wenn sie die Höhe der Retourenquote unterschätzen.

Je nach Produktkategorie musst Du Dich als Shopbetreiber:in auf unterschiedlich hohe Retourenquoten einstellen. Laut einer Studie der Universität Bamberg wird im Bereich Fashion rund jedes zweite Paket retourniert. Bestellungen auf Rechnung sind besonders häufig betroffen. In den Bereichen Consumer-Electronics und Medien fallen die Zahlen deutlich geringer aus – vernachlässigbar sind sie aber auf keinen Fall.

Retouren sind vor allem eines: teuer. Es entstehen Versandkosten, Waren sind nach der Retoure mitunter nicht mehr verkaufbar, das Retourenmanagement bindet Personal und benötigt eine Menge Zeit. Zudem sind Retouren ökologisch eine mittelschwere Katastrophe, denn sie werden mitsamt viel Verpackungsmaterial unnötig von A nach B transportiert.

Das sind bereits mehr als genug gute Gründe, um intensiv darüber nachzudenken, wie Du die Retourenquote senken kannst. Schauen wir uns im Folgenden also einmal an, warum Kund:innen so viel retournieren, welche Kosten das verursacht und mit welchen Maßnahmen Du konkret gegensteuern kannst.

Das Recht auf Retouren kannst Du nicht umgehen

§ 355 BGB regelt das Widerrufsrecht bei Fernabsatzgeschäften. Auch ohne Angabe von Gründen können Deine Kund:innen 14 Tage lang Waren einzeln oder als ganzes Paket retournieren. Du musst die Versandkosten bezahlen und den Kund:innen das Geld zurückerstatten. Es gibt hier nur wenige Ausnahmen. Darunter fallen etwa personalisierte Produkte oder B2B-Geschäfte. Voraussetzung ist aber immer, dass Deine Empfänger:innen die Ware nur in dem Maße in Augenschein genommen haben, wie dies auch in einem Ladengeschäft gestattet wäre.

Neben dem 14-tägigen Recht, das allen Privatpersonen eingeräumt wird, gibt es auch noch Mängelrügen und Gewährleistungspflichten zu beachten. Wenn Deine Kund:innen die Qualität beanstanden, kann gegebenenfalls auch noch zu einem späteren Zeitpunkt eine Retoure möglich sein. Du musst auch dann noch das Produkt entweder ersetzen oder das Geld (anteilig) erstatten.

Darauf kommt es beim cleveren Retourenmanagement an

Der erste Schritt, um smarter mit Retouren umgehen zu können, ist der Aufbau eines smarten Retourenmanagements. Wenn Du weißt, warum Deine Kund:innen Produkte retournieren und welche Kosten im Detail damit einhergehen, ist die Basis für eine Senkung Deiner Retourenquote gelegt.

Warum retournieren Deine Kund:innen ihre Produkte?

Der Retourengrund ist essenziell für Dich. Ihn musst Du im Rahmen des Retourenmanagements erheben. Hierfür kannst Du jeder Bestellung beispielsweise ein Formular beilegen, in welchem die Kund:innen den Grund für die Rücksendung ankreuzen oder selbst eintragen. Das Ganze funktioniert natürlich auch elektronisch in Deinem Shopsystem, sofern Du dieses Feature anbietest.

Unter den Rücksendegründen gibt es einige Klassiker, die je nach Sparte fast unumgänglich sind. Gewisse systematische Risiken ergeben sich aus dem Onlineshopping im Allgemeinen, andere können ganz besonders auf Deine Branche zutreffen:

  • Größe passt nicht
  • Farbe wirkt auf dem Display anders
  • Maße anders als erwartet
  • Irrtümer hinsichtlich Funktionalität
  • Wird nicht mehr benötigt (bspw. wegen zu langer Lieferzeit)
  • Woanders günstiger entdeckt & dort gekauft

Wenn Du aber eine ungewöhnliche Häufung bei einem Retourengrund feststellst, der nicht typisch für Deine Branche ist, wird aus dem systematischen Risiko ein unsystematisches Risiko. Das bedeutet, dass das Retourenrisiko bei Deinem Shop höher ist als bei anderen Wettbewerber:innen.

Gründe hierfür können sein:

  • Falsche Angaben (z. B. Maße, Größe, Farbe etc.)
  • Unklare Versprechungen (fördern Irrtümer hinsichtlich der Funktionalität)
  • Lange Lieferzeiten (erhöhen die Chance, dass Kund:innen woanders kaufen, z. B. stationär)

Tracke also immer die Gründe dafür, warum Kund:innen etwas zurücksenden beziehungsweise reklamieren. Anhand der Statistiken kannst Du im Laufe der Zeit nachvollziehen, ob Du Dich hier verbesserst oder ob Deine Probleme mit Retouren vielleicht sogar zunehmen.

Welche Kosten verursachen die Retouren?

Es ist leicht, die Retourenquote beziehungsweise die Reklamationsquote zu berechnen. Dafür musst Du nur die Anzahl an retournierten Produkten durch die Anzahl an bestellten Produkten teilen. Schwieriger wird es, ein Preisschild an die Retourenkosten zu hängen.

Manchmal ist es aber nötig, eine genauere Unterteilung vorzunehmen, um die Retourenquote zu berechnen. Man spricht hier von der sogenannten Alpha- und Beta-Retourenquote. Die Alpha-Retourenquote bezeichnet die Anzahl der Rücksendevorgänge, während die Beta-Retourenquote angibt, wie viele einzelne Artikel insgesamt wieder retourniert wurden.

Besonders in der Modebranche kann das ein kniffliger Teil des Tagesgeschäfts sein, denn hier bestellen Kund:innen häufig zwei Größen eines Artikels, sodass fast immer ein Paket zurückgeschickt wird (Alpha-Retourenquote: 100 Prozent), wobei aber nur eine der beiden Größen aus dem Versandvorgang retourniert wird (Beta-Retourenquote: 50 Prozent).

In logistischer Hinsicht ist für Dich vor allen Dingen interessant, wie viele Retouren Du physisch anpacken musst, welche Versandkosten dabei entstehen und was die Aufbereitung für einen erneuten Verkauf der retournierten Artikel kostet.

Gemäß einer Studie der Universität Bamberg aus dem Jahr 2019 verursacht ein retourniertes Paket im Schnitt Kosten von knapp 20 Euro. Um einen möglichst genauen Wert für Deinen Shop zu ermitteln, solltest Du sämtliche Kosten erfassen, die rund um Deine Retouren anfallen, und diese dann auf alle retournierten Pakete umlegen.

Dies sind die typischen Kostenquellen im Retourenmanagement:

  • Versand der Retoure
  • Aufbereitung, Reinigung des Artikels
  • Neue Verpackung des Artikels
  • Logistische Abwicklung (u. a. erneute Einlagerung)
  • Abschreibungen von beschädigten und unverkäuflichen Produkten

Retouren senken: So vermeidest Du effektiv Rücksendungen

Wenn Du ermittelt hast, warum Kund:innen Deine Waren retournieren, welche finanzielle Belastung sie für Dich darstellen und wie Du diese einpreisen musst, hast Du eine gute Basis für Dein weiteres Vorgehen, um proaktiv Deine Retourenquote zu senken. Nicht zuletzt sorgst Du so für mehr Nachhaltigkeit im E-Commerce.

Im Folgenden lernst Du einige konkrete Maßnahmen kennen, mit denen Du je nach Deiner individuellen Situation gegensteuern kannst.

Tipp #1: Besserer Content

Retouren im Onlinehandel sind oftmals ein Resultat ungenauer Produktbeschreibungen oder missverständlicher Versprechungen, die Kund:innen in die Irre führen. Beschreibe Deine Artikel verkaufsstark, aber nicht zu reißerisch, und sorge dafür, dass Angaben zu Größe, Farbe & Co. exakt sind. Im Bereich Fashion sind zum Beispiel kleine Zusatzinfos bereits eine enorme Hilfe beim Einschätzen von Größen („das Model ist 1,80 m groß und trägt Größe L“, „fällt schmal aus“, und so weiter).

Außerdem kannst Du erklärbedürftige Artikel in Videos vorstellen und ein virtuelles Try-on integrieren (wie es etwa Mister Spex für Brillen anbietet).

Tipp #2: Keinen Rechnungskauf anbieten

Der Kauf auf Rechnung ist ein echter Treiber der Retourenquote – auch das zeigte sich in den Erhebungen zum Retourenmanagement der Universität Bamberg. Denn wenn man einen Artikel noch nicht einmal bezahlt hat, ist es einfach verlockend, diesen wieder zurückzusenden, ohne Konsequenzen erwarten zu müssen.

Die Vermeidung des Kaufs auf Rechnung kann aber dazu führen, dass die Conversion-Rate sinkt, denn so mache Interessent:innen wählen ihre Shops gezielt nach Bezahlmöglichkeiten aus. Beobachte darum genau, ob Deine direkten Mitbewerber:innen den Rechnungskauf anbieten. Setze hier nicht Deine Attraktivität als Händler:in auf Spiel!

Tipp #3: Sicherer, schneller & transparenter Versand

Je nach Produktart benötigen Kund:innen bestimmte Lieferungen innerhalb eines genau festgelegten Zeitraums. Zum Beispiel brauchen sie ihre Bestellung schon am Wochenende, weil sie in den Urlaub fahren und bestelltes Equipment dorthin mitnehmen möchten. Kommt Deine Lieferung zu spät an, geben sie diese sofort wieder zurück. Sei also transparent und ehrlich, was die zu erwartenden Versandzeiten angeht.

Wenn Du aktuell ein paar Tage länger brauchst, dann gib das lieber an und riskiere, dass ein paar Kund:innen deshalb nicht kaufen. Es wäre schließlich der größere Verlust, wenn ein großer Teil dieser Kund:innen vom Widerrufsrecht Gebrauch macht, weil der Artikel nicht rechtzeitig ankam.

Ebenso wichtig sind die Sicherheit und Seriosität des Versandes. Stelle sicher, dass Du mit Logistikpartner:innen zusammenarbeitest, die Deine Produkte unversehrt, sauber und klar nachvollziehbar ausliefern. Ebenso müssen sie pfleglich mit den retournierten Artikeln umgehen. So vermeidest Du unnötige Kosten durch beschädigte Waren.

Tipp #4: Personalisierung anbieten

Um Deine Retourenquote zu senken, kannst Du Produkte anbieten, die Deine Kund:innen personalisieren können. Diese sind nämlich vom Umtausch ausgeschlossen. Verkaufst Du beispielsweise personalisierte Babykleidung, werden die Kund:innen lieber eine Nummer größer wählen, anstatt sich zwei Größen schicken zu lassen und dann die perfekte Größe auszuwählen.

Tipp #5: Retouren legal erschweren

Es ist immer noch gängige Praxis unter so manchen Onlinehändler:innen, einer Bestellung keinen Retourenschein beizulegen und darauf zu hoffen, dass manche Kund:innen dann doch zu bequem sind, sich mit einer Retoure auseinanderzusetzen. Tatsächlich kann das einen positiven Einfluss auf die Retourenquote haben. Letztendlich aber wird es Deiner Beliebtheit eher schaden.

Versuche daher besser, eine Retoure auf emotionale Art zu erschweren. Biete Kund:innen etwa bestimmte Kontaktmöglichkeiten an, bevor sie den Artikel final zurücksenden. So kannst Du vielleicht noch in den Dialog treten und mit Kund:innen individuelle Deals aushandeln. Ist ein Gegenstand zerkratzt, aber sonst funktionstüchtig, wird sich ein Sparfuchs sicher über einen Rabatt freuen, wobei Du eine teure Retoure vermeidest.

Zudem kannst Du im persönlichen Gespräch herausfinden, ob Kund:innen die Ware vielleicht schon unverhältnismäßig in Benutzung genommen haben. Sind Siegel von Datenträgern wie Games oder CDs aufgebrochen, wurde Kleidung schon intensiv getragen oder wurde in einer Pfanne bereits gebraten, können diese Produkte nicht einfach so zurückgegeben werden.

Fazit

Das Retourenmanagement wird immer ein notwendiger Teil Deines E-Commerce bleiben. Das gilt nach dem Wachstumsschub des Onlinehandels im Zuge der Corona-Pandemie mehr denn je. Doch zumindest kannst Du mit einigen strategischen Hebeln dafür sorgen, dass Deine Retourenquote so niedrig wie möglich bleibt.

Das Wichtigste sind – wie in so vielen anderen Belangen des E-Commerce auch – Transparenz, beständiges Tracking und eine hohe Qualität in den Produktbeschreibungen. Vermeide Missverständnisse und Fehlinterpretationen auf Kund:innenseite, dann wirst Du nicht nur die Retourenquote senken, sondern obendrein zufriedenere Käufer:innen erhalten. Eine Win-Win-Situation.

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