Steuern & Recht

Marketplace: Amazon darf Konten nicht einfach so sperren

Isabelle Broszat

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Stell Dir vor, Amazon sperrt von einem Tag auf den anderen Dein Konto. Ist der Marktplatz Deine Haupteinnahmequelle, kannst Du damit plötzlich vor existenziellen Fragen stehen: Welche Alternativen haben ich zum Onlineriesen? Wie geht es jetzt weiter? Muss ich mein Business etwa dichtmachen?

Amazon geht bereits seit Jahren gegen Händler:innen vor, die Rezensionen manipulieren und gefälschte Bewertungen als Geschäftsmodell etablieren. Aber darf das Unternehmen deshalb Konten sperren? So einfach ist das nicht, wie kürzlich das Landgericht Frankfurt bestätigte.

Was war passiert?

Zwei Amazon-Händler:innen waren Anfang Dezember 2021 von einer Kontensperrung überrascht worden. Amazon informierte sie per Mail darüber, dass ihre Angebote von der Website entfernt wurden. Sie hätten Kundenrezensionen manipuliert, so Amazon. Der Konzern müsse im Interesse der Kund:innen handeln, negative Erfahrungen vermeiden und verhindern, dass Verkäufer:innen gegen Amazon-Richtlinien verstoßen. Das wollten die Betroffenen nicht auf sich sitzen lassen. Sie fanden, dass die Vorwürfe weder begründet noch nachweisbar waren. Sie forderten Amazon zur Freigabe der Konten auf – ohne Erfolg und zogen schließlich vor Gericht.

Amazon darf nicht alles

Das Landgericht Frankfurt gab den beiden Onlinehändler:innen Recht und erließ am 14.12.2021 in beiden Fällen eine einstweilige Verfügung: Amazon muss die Konten sofort wieder entsperren. Bekannt ist, dass das Gericht sich darauf berief, Amazon hätte seine marktbeherrschende Stellung missbraucht. So hatten bereits des Landgericht München und das Landgericht Hannover im letzten Jahr entschieden – mit der gleichen Begründung.

Amazon hat darauf reagiert und die Konten entsperrt sowie das Guthaben freigegeben (185.000 Euro und 66.000 Euro). Gegenüber LTO erklärte ein Konzernsprecher, die Händler hätten versucht, gefälschte Bewertungen über Vermittler zu manipulieren. Sie seien deswegen verwarnt worden und hätten auch schon Verstoße gegen die Richtlinien zugegeben. Amazon kündigt rechtliche Schritte gegen die Beschlüsse an, gegen die der Widerspruch noch möglich ist. Das Unternehmen werde seinen Kampf gegen das verbraucherfeindliche Geschäft der Vermittler gefälschter Rezensionen fortsetzen.

Der Anwalt der beiden Onlinehändler freut sich dagegen über die Entscheidung: Die Taktik Amazons, sich vor dem Hintergrund des steuer- und prozesstaktisch gewählten Standorts Luxemburg auf den Standpunkt zu stellen, dass deutsche Gerichte für die Entscheidungen über Kontosperrungen nicht zuständig seien, gehe nicht mehr auf. Jeden Tag seien den Händlern Tausende von Euro Umsatz entgangen, ohne die Möglichkeit, sich gegenüber Amazon zu rechtfertigen. Der Anwalt hofft nun, dass das Gericht den Klägern auch Schadensersatzansprüche wegen des entgangenen Gewinns zuspreche. Probleme könnten hier aber darin liegen, den Schaden zu bemessen und die Ansprüche durchzusetzen.