E-Commerce

KI-Agenten im Online-Handel: Die Zukunft des E-Commerce

Christian Sturm

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Die Art und Weise, wie der Online-Handel funktioniert, steht am Beginn einer neuen Ära – dem Agentic Commerce. Händler:innen bieten sich dadurch neue Möglichkeiten, beispielsweise im Bereich der Lagerhaltung oder der Preisoptimierung. KI-Agenten übernehmen künftig auch viele Schritte für Käufer:innen. Dies reicht von der Produktsuche über Preisvergleiche bis hin zur automatischen Bestellung. Wir erklären, welche Auswirkungen sich daraus auf den E-Commerce ergeben und welche Hürden noch überwunden werden.

Was sind KI-Agenten im E-Commerce?

KI-Agenten sind Software-Instanzen, die mithilfe von Künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen autonom Aufgaben für die Nutzer:innen übernehmen, sowohl auf Seite der Händler:innen als auch auf Seite der Kund:innen. Sie können eigenständig Lagerbestände verwalten, Preise und Produktbeschreibungen optimieren, Bestellungen initiieren, Preise und Verfügbarkeit in Echtzeit vergleichen sowie basierend auf Nutzerpräferenzen und Kontextdaten Kaufentscheidungen treffen. Dank proaktiver Analysen von Kalenderdaten, E-Mails oder bisherigen Verkäufen und Bestellgewohnheiten können diese Agenten ohne manuelle Eingriffe agieren.

Auswirkungen für Händler:innen

Verkäufer:innen profitieren in erster Linie von Effizienz und Präzision. Durch verlässliche Voraussagen zur Nachfrage wird die Lagerhaltung optimiert und Über- und Unterbestände minimiert. Anbieter wie SnapSoft liefern Softwarelösungen, die mit Hilfe integrierter Markt- und Wettbewerbsanalysen Preise in Echtzeit anpassen, um Marge und Absatz zu optimieren. KI-Agenten helfen bei der Präsentation der Artikel und können autark die Produktbeschreibungen und Bilder optimieren. Digitales Shelf Management (digitale Regalverwaltung) hilft dabei, automatisch die Sichtbarkeit auf verschiedenen Plattformen zu verbessern.

Es gibt aber auch Nachteile zu berücksichtigen. KI-Agenten für Käufer:innen bevorzugen meist beliebte, hochbewertete Artikel, was es weniger beliebten Artikeln oder Nischenprodukten schwerer macht. Auch besteht die Gefahr, dass der direkte Kundenkontakt verloren geht, wodurch die emotionale Bindung der Kund:innen abnehmen kann.

Auswirkungen für Konsument:innen

Die größten Vorteile für Käufer:innen liegen in der Zeitersparnis und individualisierten Produktauswahl. KI-Agenten führen automatisierte Produktsuchen durch und durchforsten dabei zahllose Shops und Marktplätze simultan. Sie liefern maßgeschneiderte Vorschläge, die auf dem Verhalten und der Lebenssituation der Nutzer:innen basieren. So können z.B. Verbrauchsgüter wie Getränke, Tierfutter oder Medizin bedarfsgerecht nachbestellt werden. Agentic Commerce ersetzt hier reaktives Shopping durch proaktive Bedarfserkennung.

Doch in dieser Automation kann auch ein Nachteil liegen, da Nutzer:innen die Kontrolle an die KI-Agenten abgeben. Sind diese nicht richtig konfiguriert, können Nutzerwünsche übergangen oder Fehlbestellungen ausgelöst werden. Auch der Umgang mit den personenbezogenen Daten kann ein Risiko darstellen.

Veränderungen im Markt

Der Übergang zum Einkaufen mittels Agenten bringt auch einen Umbruch für die Plattformen mit sich. Diese müssen sich als Dienstleister auf die neuen „Kunden“ einstellen. Es entstehen Marktplätze, auf denen KI-Agenten direkt miteinander konkurrieren, statt dass Konsument:innen selbst aktiv werden. Dies verändert auch die Art, wie Produkte präsentiert werden. Der Fokus wird dabei stärker auf maschinenlesbare Daten ausgerichtet, damit diese von den Agenten wahrgenommen, gelesen und genutzt werden können.

Kleine und Mittelständische Unternehmen werden dies in der Regel nicht selbst leisten können und müssen es auch nicht. Die Softwareanbieter:innen haben bereits heute eine umfangreiche Palette von Werkzeugen im Angebot, mit denen sie die Händler:innen unterstützen. Hier werden konsequent KI-gestützte Lösungen (weiter-)entwickelt, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Händler:innen, die ihre Produkte auf den großen Marktplätzen wie Amazon oder eBay anbieten, profitieren dabei von den Entwicklungen der Plattformen. Als Beispiel dafür hatte eBay Anfang des Jahres eine Kooperation mit OpenAI bekanntgeben – wir haben darüber berichtet.

Welche Herausforderungen bestehen noch?

Auf dem Weg zum Agentic Commerce gibt es noch einige, teils komplexe, Hürden zu überwinden. Ganz oben steht dabei der Datenschutz, da KI-Agenten auf hochsensible Informationen zugreifen. Ohne eindeutige Einwilligung, umfassende Datenschutzfolgenabschätzung und transparente Entscheidungsprotokolle ist der Einsatz riskant.

Auch auf der technischen Seite gibt es noch Herausforderungen. Damit die nahtlose Integration in ERP-, CRM- und Shopsystemen gelingen kann, sind offene Schnittstellen, Middleware zur Datenharmonisierung (Verbindung zwischen System und Anwendung) und eine skalierbare Cloud-Architektur erforderlich.

Natürlich stellen sich auch Fragen nach Ethik und Haftung. Je höher die Autonomie der digitalen Helfer wird, desto wichtiger sind klare Governance-Strukturen. Faire Algorithmen zur Vermeidung von Diskriminierung, strukturierte Bewertungsprozesse, um Fairness und ethische Standards sicherzustellen, und eindeutige Haftungsregeln müssen Teil jeder KI-Strategie sein.

Nicht zuletzt müssen verschiedene KI-Agenten für Einkauf, Lager und Service reibungslos zusammenarbeiten. Offene Datenstandards und abgestimmte Schnittstellen sind hier entscheidend.

Fazit

KI-Agenten können dem E-Commerce einen Quantensprung bescheren und für einen Paradigmenwechsel sorgen. Sie automatisieren Routineabläufe, verwalten Lagerbestände und Produktpräsentationen, liefern maßgeschneiderte Produktvorschläge und personalisieren das Einkaufserlebnis. Davon können sowohl Händler:innen als auch Konsument:innen profitieren. Noch gibt es einige Herausforderungen, aber der Wandel wird sich nicht mehr aufhalten lassen. Wer jetzt die Weichen stellt, sichert sich langfristig einen Wettbewerbsvorteil im Zeitalter des Agentic Commerce.