Steuern & Recht

Urteil zur Herstellergarantie: Was bedeutet das für Onlinehändler:innen?

Isabelle Broszat

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Als Onlinehändler:in verkaufst du vielleicht Produkte, die du nicht selbst hergestellt hast. Eventuell machst du das auch über Plattformen wie Amazon, ebay und Co. Hast du ein breites Verkaufssortiment mit Produkten vieler verschiedener Hersteller, könnte das neue Urteil des Europäischen Gerichtshof (EuGH) vom 5.5.2022 zur Herstellergarantie für dich ziemlich ungemütliche Folgen haben: Die Richter haben entschieden, dass Händler:innen auf Amazon Kund:innen umfassend über eine Garantie informieren muss, die der Hersteller gewährt. Lies bei uns, worauf es den Richtern ankam, ob deine Sorge berechtigt ist und was du jetzt tun solltest. 

Garantie ist nicht gleich Garantie

Als Onlinehändler:in wird es dir in Deutschland nicht gerade einfach gemacht, wenn du einen Onlineshop einrichten und betreiben willst, der alle rechtlichen Anforderungen erfüllt: Du musst zum Beispiel über Widerrufsrechte belehren, bei Preis- und Mengenangaben aufpassen, korrekte AGB und Datenschutzerklärung bereithalten und Kaufen-Buttons richtig beschriften und einbinden.

Noch komplizierter wird es, wenn du zusätzlich für deine Produkte auch noch eine Garantie anbieten und in deinem Shop damit werben möchtest: Denn dann gehst du noch über die ohnehin bestehenden gesetzlichen Rechte des Verbrauchers hinaus. Du musst dann nach deutschem Recht zusätzlich – einfach und verständlich – folgendes angeben:

  1. Der Käufer kann die gesetzlichen Gewährleistungsrechte unentgeltlich in Anspruch nehmen; diese werden durch die Garantie nicht eingeschränkt.
  2. Namen und die Anschrift des Garantiegebers.
  3. Was muss der Käufer tun, um die Garantie in Anspruch zu nehmen?
  4. Ware, auf die sich die Garantie bezieht.
  5. Bestimmungen der Garantie, insbesondere Dauer und räumlicher Geltungsbereich.

Fakt ist: Willst du auf deine Produkte eine Garantie gewähren, ist viel zu tun. Aber jetzt stellst du dir bestimmt die Frage, ob das alles auch gilt, wenn du Produkte verkaufst, die ein anderer hergestellt hat. So viel vorweg: Nein. Denn Garantie ist nicht gleich Garantie.

Schwer umzusetzen für Onlinehändler:innen

Gerade wenn du Waren vieler unterschiedlicher Hersteller in deinem Shop anbietest, wäre es ein Riesenaufwand, für jeden einzelnen Artikel zu prüfen, ob der Hersteller selbst eine Garantie gibt – oftmals weißt du davon ja gar nichts. Und dann müsstest du auch noch die oben geforderten Infos für diese Artikel aufbereiten und auf deine Homepage stellen und das Ganze regelmäßig aktualisieren. Für viele Onlinehändler:innen ist das ein Grund, das Thema Garantie einfach unter den Tisch fallen zu lassen.

Eine gute Idee ist das aber nicht. Denn als Onlinehändler:in die Pflicht, deine Käufer:innen über das Bestehen einer Garantie zu unterrichten, bevor sie den Vertrag abschließen – unabhängig von den oben genannten Angaben. Onlinehändler:innen, die Garantien anbieten oder Produkte anderer vertreiben, die selbst Garantie gewähren, leben also gefährlich: Halten sie sich an die Gesetze, ist der Aufwand enorm. Ignorieren sie sie, könnte eine Abmahnung ins Haus flattern. Doch ist das fair? Ob das wirklich so sein kann, war lange Zeit unklar.

Onlinehändler:innen können (teilweise) aufatmen

Zumindest teilweise Licht ins Dunkle bringt ein aktuelles Urteil des Europäischen Gerichtshof (EuGH) vom 5.5.2022 (Rechtssache C-179/21). Der Fall: Ein Händler verkauft über Amazon Taschenmesser der Marke Victorinox. Der Hersteller Victorinox räumt auf die Messer eine Herstellergarantie ein. Der Amazon-Händler erwähnt diese Garantie nicht in seinem Angebotstext, verlinkt aber unter „weiter technische Informationen“ ein Infoblatt von Victorinox: Dort wird die Garantie erwähnt, aber nicht im Detail aufgeschlüsselt, wie oben gefordert. Ein Wettbewerber klagt gegen den Händler.

Der EuGH hat dazu so entschieden, dass einige Onlinehändler:innen aufatmen dürften. Die wesentlichen Punkte:

  • Grundsätzlich muss ein:e Amazon-Händler:in nicht (immer) über eine Herstellergarantie informieren. Der Aufwand für den/die Händler:in wäre zu hoch.
  • Etwas anderes gilt, wenn der Verbraucher die Infos braucht, um sich zu entscheiden, ob er den Vertrag mit dem/der Onlinehändler:in abschließen möchte.
  • Dafür muss der/die Händler:in die Garantie zum zentralen oder entscheidenden Merkmal des Angebots gemacht haben.
  • Das ist der Fall, wenn er/sie die Aufmerksamkeit des Verbrauchers ausdrücklich auf die Herstellergarantie lenkt, um damit zu werben und sein Angebot von dem seiner Wettbewerber positiv abzugrenzen.
  • Erwähnt er die Garantie nur beiläufig – zum Beispiel indem er das Produktdatenblatt verlinkt – ist die Garantie kein entscheidendes Merkmal seines Angebots.

Als Onlinehändler:in können Sie also aufatmen: Schließlich bedeutet das für Sie, dass Sie Ihr Angebot so gestalten können, dass Sie aus der Nummer rauskommen. Aber Achtung: Denken Sie dran, dass der EuGH den Rechtsstreit an den BGH zurückverwiesen hat. Dieser muss nun entscheiden, ob die Verlinkung auf das Produktdatenblatt wirklich nicht ausreicht, um die Garantie zu einem entscheidenden Angebotsmerkmal zu machen.

Das solltest du als Onlinehändler:in tun

„Wenn das aber alles doch noch so unklar ist, was bedeutet das Urteil denn nun für mich?“, fragst du sicher. Wir können dich beruhigen: Es gibt doch einige To-Dos, die du aus dem Urteil mitnehmen kannst, wenn du beim Thema Herstellergarantie auf der sicheren Seite sein möchtest.

  • Tipp 1: Erwähne die Herstellergarantie gar nicht und nehme keinen Bezug darauf – selbst wenn es eine solche gibt. Denn so stellt sich nicht die Frage, ob eine Verlinkung auf Infodatenblätter des Hersteller schon dazu führt, dass Sie eine Garantie zum zentralen Merkmal Ihres Angebots machen.
  • Tipp 2: Möchtest du die Garantie dagegen aktiv bewerben, stelle alle Bedingungen, die wir oben genannt haben, auf deiner Homepage dar. Aktualisiere die Angaben regelmäßig.
  • Tipp 3: Sollte Ihnen zufällig durchrutschen, dass eine Garantie erwähnt wird – z.B. indem diese auf einem Produktfoto in kleiner Schrift steht – ist es wahrscheinlich nicht schädlich, wenn Sie selbst nicht weiter darauf eingehen.

Fazit: Das EuGH-Urteil zur Herstellergarantie dürfte dir als Onlinehändler:in zumindest eine gewisse Erleichterung bringen. Denn es bietet dir eine Möglichkeit, wie du ohne regelmäßigen riesigen Pflege-Aufwand rechtlich relativ sicher sein kannst. Es gibt Wege, wie du Abmahnungen mit der Begründung vermeiden werden, dass du keine Angaben zur Herstellergarantie machen.

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