Steuern & Recht

Neue Mehrwertsteuer-Regeln für Online-Händler:innen in der Schweiz – mit Steuer- und Treuhandexperte Dominik Baldegger

Fatih-Kağan Taşkoparan

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Die Mehrwertsteuer stellt für Unternehmen und Händler:innen, die im elektronischen Handel tätig sind, eine zentrale Herausforderung dar. Eine fehlerhafte Berechnung oder Abrechnung der Mehrwertsteuer kann zu finanziellen Nachteilen führen oder im schlimmsten Fall sogar rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Angesichts der zunehmenden Komplexität des Schweizer Mehrwertsteuerrechts und umfassenden Änderungen im neuen Jahr ist es für Online-Händler:innen unerlässlich, sich über die geltenden Bestimmungen zu informieren und sicherzustellen, dass ihre Geschäftsprozesse den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.

Die Mehrwertsteuer-Teilrevision ist am 1. Januar 2025 in Kraft getreten und betrifft unter anderem auch die Plattformbesteuerung in der Schweiz. Wir haben deshalb unseren Schweizer Steuer- und Treuhandexperten der cmt ag Dominik Baldegger gefragt, worauf Online-Händler:innen, die über Plattformen wie Galaxus oder den eigenen Webshop den Schweizer Markt bedienen, jetzt besonders achten sollten und was sich für Sie ändert.

Der bisherige Status Quo

Die bisherige Praxis sah vor, dass Rechnungen an Schweizer Endkund:innen einen Mehrwertsteuersatz von 8,1 Prozent ausweisen. Im Vorfeld des Imports wurde dabei eine Proformarechnung ohne Mehrwertsteuer erstellt und eine Abgabe musste nur an den jeweiligen Marktplatz geleistet werden. Um die volle Rückerstattung der bei der Einfuhr entrichteten Umsatzsteuer zu gewährleisten, mussten alle Umsätze ordnungsgemäß deklariert werden. Die Umsatzsteuer wurde dabei unabhängig vom gewählten Vertriebskanal (Marktplatz oder eigener Webshop) fällig.

Ein Blick auf die aktuellen Veränderungen

Seit dem 1. Januar 2025 treten in der Schweiz aufgrund der Teilrevision der Mehrwertsteuergesetzgebung einige Änderungen in Kraft. Der Schweizer Steuer- und Treuhandexperte Dominik Baldegger betont dabei:

„Zentral ist die Einführung der Plattformbesteuerung, denn hier müssen Online-Händler künftig zwischen zwei Vertriebskanälen unterscheiden: dem Verkauf über Online-Plattformen, wie Galaxus, Zalando oder Amazon, und dem Verkauf über den eigenen Webshop. Die Unterscheidung hat weitreichende Konsequenzen für die Rechnungsstellung, die Abwicklung von Importen, die Buchhaltung und letztendlich auch für die Abrechnung und Deklaration der Mehrwertsteuer.“

Unternehmen und Händler:innen sind daher angehalten, ihre Geschäftsprozesse an die neuen Bestimmungen anzupassen, um eine korrekte steuerliche Abwicklung sicherzustellen. Im Folgenden sehen wir uns mit Dominik einige konkrete Fallbeispiele für Online-Händler:innen an und arbeiten heraus, worauf diese jetzt im Rahmen der neuen Mehrwertsteuer-Regelung besonders achten müssen.

Fallbeispiel A: Der Verkauf über eine Online-Plattform

Das gängige Beispiel aus der Praxis betrifft Online-Händler:innen, die ihre Produkte über eine Online-Plattform verkaufen und diese damit als Vertriebskanal nutzen. Für unser Fallbeispiel nehmen wir an, dass unser:e Online-Händler:in Produkte über den Vertriebskanal Galaxus verkauft:

Seit dem 1. Januar 2025 übernimmt die Plattform – in unserem Fall Galaxus – die Verantwortung für die Mehrwertsteuerabführung. Das bedeutet für Online-Händler:innen und Lieferant:innen eine deutliche Entlastung, da von nun an die Online-Plattformen selbst in der Pflicht stehen, sich um die komplexen Mehrwertsteuerbestimmungen in der Schweiz zu kümmern.

Konkret bedeutet das:

  • Rechnungsstellung: Galaxus stellt Endkund:innen eine Rechnung mit dem geltenden Schweizer Mehrwertsteuersatz von 8,1 Prozent aus.
  • Zahlungsabwicklung: Endkund:innen bezahlen direkt an Galaxus.
  • Import über den EU-Hub*: Wenn Online-Händler:innen Waren über den Galaxus EU-Hub importieren, übernimmt Galaxus sämtliche Zollformalitäten und die Mehrwertsteuerabwicklung. Online-Händler:innen gelten bei der Nutzung des EU-Hubs als Lieferant:innen und sind von diesen Prozessen vollständig entkoppelt.
  • Import ohne EU-Hub*: Wenn Online-Händler:innen die Waren selbst in die Schweiz importieren und an Galaxus übergeben, müssen diese die Einfuhrumsatzsteuer zunächst selbst tragen. Online-Händler:innen erhalten daraufhin aber von Galaxus eine Gutschrift, die dem Nettoverkaufspreis abzüglich der vereinbarten Kommission entspricht. Die Rückerstattung der geleisteten Einfuhrumsatzsteuer obliegt dann aber den Verkäufer:innen.
  • Andere Plattformen: Falls die Produkte auch über andere Plattformen wie Amazon oder Zalando vertrieben werden, müssen Online-Händler:innen die jeweiligen Bedingungen dieser Plattformen separat prüfen, da diese möglicherweise abweichende Regelungen haben.

„Der sogenannte ‚EU-Hub‘ wurde von Galaxus als Crossborder-Lösung für Waren aus europäischen Ländern eingeführt und offiziell lizenziert. Dieser ermöglicht auch deutschen Online-Händlern einen unkomplizierten Markteintritt in die Schweiz. Der Versand und Transport selbst wird hierbei komplett von Galaxus übernommen.“

– Schweizer Steuer- und Treuhandexperte D. Baldegger

Buchhaltung & Deklaration beim Verkauf über Plattformen

So weit, so gut, doch wie steht es um die Buchhaltungs- und Deklarationspflichten der Online-Händler:innen? „Beim Verkauf über Galaxus buchen Händler den Netto-Umsatz ohne die Schweizer oder deutsche Mehrwertsteuer. Ideal wäre hier die Einrichtung eines separaten ,Plattform-Umsatzkontos Schweiz‘ mit einem Steuerschlüssel von null Prozent, um die Transaktionen klar voneinander zu trennen“, empfiehlt Baldegger. „Nichtsdestotrotz ist auch eine Abstimmung mit deutschen Steuerberatern notwendig, um handelsrechtliche Vorschriften einzuhalten, denn die steuerliche Behandlung richtet sich nach den nationalen Bestimmungen“, führt er weiter aus.

Die gute Nachricht für Online-Händler:innen, die den EU-Hub nutzen: Hier fallen keine weiteren buchhalterischen Maßnahmen bezüglich der Mehrwertsteuer an. „Für alle Händler, die mit dem EU-Hub handeln, gilt, dass eine Gesamtübersicht über alle Bestellungen erstellt werden und diese mit den in der Buchhaltung erstellten Null-Prozent-Rechnungen abgeglichen werden muss. Diese Dokumentation dient schließlich als Nachweis für die Umsatzsteuerprüfung und belegt den steuerfreien Inlandsverkauf an die Plattform“, ergänzt Baldegger.

Die Deklarationspflicht für Online-Händler:innen, die den EU-Hub in der Schweiz nutzen, ist händler:innenfreundlich, denn hier gilt, dass keine separate Mehrwertsteuerdeklaration notwendig ist. Ohne den EU-Hub entsteht in der Regel ein Vorsteuerüberschuss auf sämtliche Importe. Kund:innen, die bisher das Verlagerungsverfahren genutzt haben, können dieses dann nicht weiter benutzen.

Baldegger resümiert die Änderungen für den Verkauf über Plattformen wie folgt:

„Die Einführung der Plattformbesteuerung vereinfacht für Händler die Geschäfte mit der Schweiz erheblich, insbesondere dann, wenn man den Galaxus EU-Hub nutzt. Als Online-Händler muss man sich nicht mehr mit komplexen Mehrwertsteuerformalitäten auseinandersetzen. Allerdings sollte man sich beim Verkauf über den eigenen Webshop im Falle eines direkten Imports in die Schweiz über die genauen Modalitäten der Rückerstattung der Einfuhrumsatzsteuer informieren. Für andere Plattformen als Galaxus gelten möglicherweise abweichende Regelungen, die man als Händler selbst erörtern muss.“

Fallbeispiel B: Der Verkauf über den eigenen Webshop

Doch wie sieht es für Online-Händler:innen mit eigenem Webshop aus? Gelten hier dieselben Bestimmungen wie für den Verkauf über Plattformen? „Für den Verkauf über den eigenen Webshop gelten weiterhin die bisherigen Regelungen. Da Online-Händler diesen Vertriebskanal bereits selbstständig abwickeln, sind keine zusätzlichen Anpassungen erforderlich“, entgegnet Baldegger.

Folgende Vorgehensweise für Online-Händler:innen bleibt also bestehen:

  • Rechnungsstellung: Schweizer Kund:innen erhalten weiterhin Rechnungen mit dem geltenden Schweizer Mehrwertsteuersatz von 8,1 Prozent.
  • Umsatzbuchung: Die Umsätze aus dem Webshop werden separat von den Umsätzen über andere Verkaufsplattformen erfasst und mit dem entsprechenden Steuerschlüssel von 8,1 Prozent versehen.
  • Vorsteuerabzug: Für Importe, die nicht über den EU-Hub abgewickelt werden, können Händler:innen die Vorsteuer vollständig geltend machen.

Fazit

Der Verkauf über den eigenen Webshop bleibt von den neuen Regelungen zur Plattformbesteuerung weitgehend unberührt. Online-Händler:innen können bisherige Prozesse beibehalten, müssen aber sicherstellen, dass die Umsätze aus beiden Vertriebskanälen (Plattform und eigener Webshop) – sofern vorhanden – korrekt getrennt und dokumentiert werden.

Wie sich Online-Händler:innen jetzt anpassen können

Um eine reibungslose Umsetzung der neuen Mehrwertsteuerregelungen zu gewährleisten, sind vor allem Online-Händler:innen, die über Plattformen ihre Produkte vertreiben, in der Pflicht. Beim Vertrieb über den eigenen Webshop gibt es dagegen keine nennenswerten neuen Pflichten.

Hier ist eine Übersicht, was Online-Händler:innen, die ihre Produkte über Plattformen vertreiben, jetzt machen müssen, um bestmöglich die neue Mehrwertsteuerverordnung umzusetzen.

  1. Kommunikation mit der Plattform: Ein direktes Gespräch mit der jeweiligen Verkaufsplattform (Galaxus, Amazon, eBay etc.) ist unerlässlich. Dabei sollten die genauen Abläufe für beide Vertriebskanäle, das heißt über die Plattform und über den eigenen Webshop (sofern vorhanden), geklärt werden.
  2. Umsetzungsplanung: Um eine effektive Umsetzung zu gewährleisten, ist eine detaillierte Planung am effektivsten. Alle notwendigen Anpassungen in den Geschäftsprozessen und der Buchhaltung müssen dabei berücksichtigt werden.

Zusammenfassung

Durch eine enge Zusammenarbeit mit den Plattformen, den Buchhaltungsexpert:innen und gegebenenfalls der Steuerbehörde kann eine erfolgreiche Umsetzung der neuen Mehrwertsteuerregelungen gewährleistet werden. Eine detaillierte Planung und eine klare Definition der Prozesse sind dabei für einen reibungslosen Übergang entscheidend.